Umfrage zum Mobilitätsverhalten

Fahrrad Verleih

Im Auftrag der „Stiftung Lebendige Stadt“ hat die „forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH“ eine repräsentative Befragung mit dem Thema „Wie gestalten wir die Mobilitätswende?“ durchgeführt. Im Rahmen der Untersuchung wurden insgesamt 1.002 nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Personen ab 18 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland befragt. Die Erhebung wurde vom 8. bis 18. April 2022 mithilfe des bevölkerungsrepräsentativen Online-Panels forsa. Omninet durchgeführt.

Nutzungshäufigkeit bestimmter Fortbewegungsmittel

Etwa zwei Drittel der Befragten (66 %) gehen nach der Befragung in der letzten Zeit häufig (27 %) oder gar sehr häufig bzw. fast täglich (39 %) zu Fuß. Jeder Vierte (25 %) tut dies gelegentlich und 8 Prozent selten. Fast zwei Drittel der Befragten (64 %) nutzen in der letzten Zeit häufig (26 %) oder gar sehr häufig (37 %) das Auto. 17 Prozent nutzen das Auto in letzter Zeit gelegentlich, 12 Prozent nutzen es selten und 7 Prozent nie.

Etwa ein Viertel (27 %) der Befragten nutzt in der letzten Zeit häufig (15 %) oder gar sehr häufig (12 %) das Fahrrad bzw. ein E-Bike. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten (53 %) gibt an, dass sie das Fahrrad bzw. E-Bike in letzter Zeit selten (22 %) oder nie (31 %) nutzen.

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) wird in der letzten Zeit von 18 Prozent der Befragten sehr häufig (9 %) oder häufig (9 %) genutzt. Die Mehrheit (66 %) nutzt den ÖPNV allerdings in der letzten Zeit selten (31 %) oder nie (35 %).

Ein Motorrad bzw. Motorroller wird in der letzten Zeit nur von 11 Prozent überhaupt genutzt – und auch von diesen meist nur gelegentlich (3 %) oder selten (6 %). 88 Prozent der Befragten haben in der letzten Zeit nie ein Motorrad oder Motorroller genutzt.

Diskrepanz zwischen Stadt und Land bei der Bewertung

86 Prozent der Befragten gaben im Rahmen der Studie an, dass es in ihrem Haushalt mindestens ein Auto gibt. Je kleiner der Ort ist, desto mehr Autos sind in einem Haushalt vorhanden. Demgegenüber können sich in Städten mit über 500.000 Einwohnern 35 Prozent der Befragten vorstellen, komplett auf ein Auto zu verzichten.

Die Diskrepanz der Umfrageergebnisse zwischen Befragten in großen und kleineren Städten zeigt sich auch in der Bewertung des ÖPNV-Angebots: Gerade in kleineren Orten (unter 5.000 Einwohner) erhält der ÖPNV in puncto Taktung (4,7), Service (3,8) und Erreichbarkeit (3,6) deutlich schlechtere Noten als in Städten mit über 500.000 Einwohnern (Taktung: 2,7, Service: 2,3, Erreichbarkeit: 1,9).

Zweidrittel der Befragten nutzen den ÖPNV selten bis gar nicht. Als Voraussetzung für den Verzicht auf ein eigenes Auto nennen 67 Prozent günstigere Preise für den öffentlichen Nahverkehr, 65 Prozent eine höhere Taktung von Bussen und Bahnen und 59 Prozent bessere Anschlussverbindungen.

Ladeinfrastruktur als Schlüssel zur Antriebswende

Zunehmende Akzeptanz erfährt hingegen laut der Studie die Elektromobilität. Für einen Umstieg bleibt aber die fehlende Ladeinfrastruktur ein wesentliches Hindernis: 42 Prozent der Befragten können sich grundsätzlich einen Umstieg auf ein Elektroauto vorstellen. Männer (51%) sind eher zum Umstieg bereit als Frauen (33%), Westdeutsche (44%) eher als Ostdeutsche (29%), Zweitwagenbesitzer eher als Menschen mit nur einem Auto und Bewohner kleinerer Orte eher als Bewohner von Metropolen.

62 Prozent der Befragten nennen neben der geringen Reichweite und den hohen Anschaffungskosten insbesondere die unzureichenden Lademöglichkeiten zu Hause und im öffentlichen Raum, die gegen ein Elektroauto sprechen.

Anmerkung:

Die Umfrage zeigt einmal mehr, dass es differenzierte Ansätze bei der Verkehrsentwicklung und Mobilitätsplanung in den Kommunen braucht. Die Vorteile dicht besiedelter Großstädte, beispielsweise bei der ÖPNV-Planung und dessen Auslastung, lassen sich nicht Eins zu Eins auf ländliche Regionen oder das Umland übertragen. Insbesondere dort spielt das Auto weiterhin eine maßgebliche Rolle, was zahlreich Erhebungen wie beispielsweise auch die umfassende Verkehrserhebung Mobilität in Deutschland (MiD) aufzeigen. Gerade deswegen kommt der Antriebswende für den Klimaschutz im Verkehr eine zentrale Rolle zu.

Da Reichweitenangst und fehlende Lademöglichkeiten weiterhin die Entwicklung der Elektromobilität hemmen, gerade für Personen ohne Möglichkeiten des Ladens zu Hause, kann gerade der flächendeckende Ausbau von Schnellladeinfrastruktur zum Treiber der Elektromobilität werden. Hierfür müssen die Kommunen in ihrer Koordinierungsfunktion vor Ort unterstützt werden.

Ebenso bedarf es in der Fläche passgenauer ÖPNV-Konzepte, die vor Ort den Menschen den Umstieg ermöglichen. Mit Plus-Bus-Konzepten und flexiblen Bedienformen gibt es auch für den ländlichen Raum angepasste Lösungen. Wichtig ist jedoch beim ÖPNV wie bei der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge: eine gezielte Förderung und solide Finanzierung von Bund und Ländern ist Grundvoraussetzung, damit die Kommunen ihre Rolle als Gestalter nachhaltiger Mobilität wahrnehmen können. Ohne zusätzliche Mittel wird in Zeiten steigender Energiepreise gerade der ÖPNV weiterhin nicht ausgebaut werden können und somit nicht die Akzeptanz in der Fläche erhalten, die es zur Erreichung der Klimaschutzziele braucht.

06.07.2022